Im Schatten der Pandemie – die SDG in der Krise

Die 2020er Jahre sind entscheidend für die weitere Entwicklung der Nachhaltigkeit. Die Covid-19 Pandemie allerdings hält die Menschheit seit Frühjahr 2020 in Atem. Das Virus trifft die Welt zu einem Zeitpunkt, an dem alle Konzentration auf die Umsetzung der 17 Nachhaltigkeitsziele gerichtet sein müsste.

Das soziale, kulturelle und ökonomische Leben vieler Länder kam durch ausgerufene Lockdowns nahezu zum Erliegen – die Ausbreitung des Virus zu stoppen war das oberste Ziel. Neben Gefahren für die Gesundheit bürgt die Krise auch ein hohes Risiko, einen Rückschritt in der Armutsbekämpfung, der Lebensmittelversorgung, der Geschlechtergerechtigkeit und anderen SDGs auszulösen. Bereits erreichte Fortschritte werden zunichte gemacht.

Corona lässt Armut im globlen Süden steigen

Die weltweite Ausbreitung des neuartigen Corona-Virus stürzte die Welt in eine Wirtschafts- und Finanzkrise globalen Ausmaßes. Der Lockdown provoziert eine globale Lebensmittelkrise, die Lieferketten außer Kraft setzt. Nicht raus gehen zu dürfen bedeutet für eine große Zahl an Tagelöhnern ohne sozialstaatliche Absicherung eine existenzielle Bedrohung und gefährdet das Ziel der menschenwürdigen Arbeit. Arbeitslosigkeit und prekäre Beschäftigungsverhältnisse werden in vielen Ländern, besonders im globalen Süden, massiv ansteigen.

Die Coronakrise bringt die Schwächen der globalisierten Welt zum Vorschein. Wie so oft trifft die Krise den ärmsten Teil der Weltbevölkerung am stärksten. Die finanziellen Auswirkungen der Pandemie werden auch in einer Schuldenkrise, die bis hin zum Staatsbankrott führen kann, zu spüren sein. Staatliche Rettungsschirme gibt es in den Ländern des globalen Südens häufig nicht.

Systemische Schwächen fördern die Ausbreitung

Schwächen zeigen sich auch in den Gesundheitssystemen vieler Länder, die häufig unterfinanziert sind. Die Zahl der Beatmungsgeräten ist in vielen Ländern nicht ausreichend, um eine adäquate Behandlung einer Covid-19-Infektion zu gewährleisten. Um die ohnehin nur begrenzt verfügbaren Kapazitäten in maroden Gesundheitssystemen zu nutzen, wird die Behandlung anderer Krankheiten massiv zurückgefahren. Ein Zugang zu guter medizinischer Versorgung wie er in den SDGs verankert ist, ist somit nicht gegeben.

Vorsorgemaßnahmen gegen die Ausbreitung des Virus lassen sich besonders in vielen Ländern des globalen Südens nur schwer umsetzen. Fehlender Zugang zu sauberem Wasser und zu sanitären Einrichtungen behindert, notwendige Hygienemaßnahmen umzusetzen. Prekäre Lebenssituationen wie in Slums machen es zudem unmöglich, den nötigen Abstand zu wahren und so die Ausbreitung des Virus zu verlangsamen.

Nur gemeinsam durch die Krise

Die Auswirkungen der Pandemie offenbaren deutlich die Ungleichheiten, die innerhalb der Staatengemeinschaft existieren. Von der Verfügbarkeit digitaler Technologien, die zur Kommunikation während der Pandemie essenziell sind, bis hin zur Fähigkeit der Wirtschaft, sich von der Krise zu erholen, gibt es große Differenzen zwischen den Staaten. Es zeigt sich, wie wichtig es ist, das SDG 10 zur Verringerung von Ungleichheiten umzusetzen.

Neue Wege der multilateralen Kooperation werden zunehmend wichtiger. Sie muss auf den Idealen und Zielen beruhen, die in der gemeinsamen Charta und den nachfolgenden Vereinbarungen verankert sind. Die Zivilgesellschaft, die Wirtschaft, Stiftungen, Forschungsgemeinschaften, lokale Behörden, Städte und regionale Regierungen können darüber hinaus einen wichtigen Beitrag leisten, die Ziele zu verfolgen.

Die Krise als Chance der Nachhaltigkeit?

Beispiellose Geldsummen wurden bereits ausgezahlt, um der Wirtschaft wieder aus ihrem Tief zu helfen. Diese Summen sinnvoll eingesetzt bieten die Chance für eine solidarischere, nachhaltigere und neu gedachte Gesellschaft.

Doch im Schatten der Pandemie drohen Maßnahmen gegen drängende Gefahren wie die Klimakrise auf der politischen Prioritätenliste nach unten zu rutschen. Gleichzeitig scheinen die Intervalle zwischen immer neuen Krisen kürzer zu werden. Der massive Verlust an Biodiversität, die Klimakrise, Umweltverschmutzug und verstärkte Migration sind nur einige Beispiel für zukünftige Herausforderungen. Wie auch die Covid-19 Pandemie können diese nur in intensiver Zusammenarbeit der Staatengemeinschaft angegangen werden. Die SDG bilden dafür den wichtigen Rahmen der Nachhaltigkeit.

 


Weiterführende Informationen und Quellen:

Die neue Ausgabe des „Global Goals Yearbook“ mit dem Titel „Planet under Pressure“ diskutiert, in wie weit die Corona-Pandemie die Ziele der Nachhaltigkeit gefährdet und rückt mit dem Begriff „Resilienz“ die Widerstandsfähigkeit der Gesellschaften in jetzigen und künftigen Krisen in den Fokus. https://www.yumpu.com/en/document/read/64045005/planet-under-pressure

Wie sich die Pandemie konkret auf jedes einzelne der 17 SDGs auswirkt, skizziert das Briefing „Corona und die SDGs“ des Global Policy Formus anhand einiger punktueller Beispiele. https://www.2030agenda.de/de/publication/corona-und-die-sdgs

Auch der Parlamentarische Beirat für nachhaltige Entwicklung beschäftigte sich mit den Auswirkungen von Corona in einem Fachgespräch, das hier nachzulesen ist. https://www.bundestag.de/presse/hib/704032-704032

Wie die Staatengemeinschaft gestärkt aus der Krise gehen kann und sich die SDGs entwickeln, damit befasste sich der erste SDG Moment, dessen Zusammenfassung hier zu lesen ist. https://www.socialwatch.org/node/18538