Der Milliardenjoker – Warum Unternehmen CO2 kompensieren müssen

Das neue Buch von Fran Josef Radermacher setzt auf die Freiwilligkeit der Wirtschaft

Laut der UNO ist die Konzentration von Kohlenstoffdioxid in der Atmosphäre so hoch wie seit 3 Millionen Jahren nicht. Und trotzdem scheint eine Verringerung der CO2-Ausstöße nicht in Sicht zu sein. Warum eigentlich nicht?

Man könnte an dieser Stelle auf die Regierungen verweisen, die sich, wie die USA, entweder aus dem Klimaschutzabkommen verabschieden oder auf solche wie Deutschland, die zwar Projekte zum Klimaschutz angeschoben, dadurch ihren CO2-Ausstoß aber erst mal erhöht haben. Einen anderen Adressaten schlägt „Der Milliardenjoker“ von Franz Josef Rademacher vor, und zwar den Privatsektor, welcher in diesem Fall sowohl Unternehmen als auch Organisationen, leistungsstarke Individuen und wohlhabende Städte und Gemeinden umfasst. Kurz: alles was reich und einflussreich, aber nicht staatlich ist.

Und das hat mehrere Gründe. Zum einen sagt Rademacher, dass die Politik mit dem, was in Paris 2015 vereinbart wurde, das an Leistung erbracht hat, was ihr möglich ist. Mehr kann sie nicht tun. Da aber der Vertrag von Paris deutlich aufzeigt, dass das, was die Politik zu leisten vermag, nicht ausreichend ist um die Klimaerwärmung auf unter 1,5°C zu halten, muss noch von anderer Seite her eingegriffen werden. Rademacher macht deutlich, dass an dieser Stelle der Privatsektor gefragt ist. Und zwar nicht, wie zum Beispiel zu den deutschen Koalitionsgesprächen 2017 geschehen, mit Forderungen an die Politik, sondern vielmehr mit Eigenleistungen. Ausdrücklich werden hier die reichsten 1-3% der weltweiten Bevölkerung angesprochen, denn sie sind das, was „High Emitters“ genannt wird. Sie erzeugen 20 bis 50 Mals mehr Emissionen als Deutschland. Hier wird deutlich, warum die Politik nicht in der Lage ist, das „Klimaproblem“ alleine zu lösen.

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Interview zum Buch (Podcast)

Rezension

10 Hauptthesen aus dem Buch 


Dem Privatsektor können jedoch keine Eigenleistungen vorgeschrieben werden. Vielmehr baut Rademacher hier auf das Prinzip der „Freiwilligen Klimaneutralität“. Hiernach sollten sich die „High Emitters“ vor allem um ihrer selbst Willen an die drei Strategien „Vermeiden, Reduzieren und Kompensieren“ halten. Gerade der viel kritisieren Punkt des „Kompensierens“ wird hier als die Strategie, die am meisten Erfolg verspricht, hervorgehoben.

Das „Kompensieren“ sei, so Rademacher, weder als Ablasshandel noch als Freikauf von Verantwortung zu betrachten sondern vielmehr als Chance, einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten.

Zusätzlich dazu müsste aber auch in die Entwicklung bezahlbarer technischer Lösungen für einen geringeren CO2-Ausstoß investiert werden. Hinzu kommt dann außerdem eine Veränderung des Lebensstils und der Verhaltensweisen der „High Emitters“, ohne die ein verringerter CO2-Ausstoß nicht möglich ist.

Private Unternehmen und Individuen müssten Milliarden investieren, um das, was die Politik nicht leisten kann, zu kompensieren. Und dennoch würden sich diese Investitionen laut Rademacher unterm Strich für die potentiellen Investoren lohnen. Was also durch einen freiwillig geschlossenen Pakt der Staaten begonnen hat, soll durch das freiwillige Engagement der reichsten 1-3% der Welt vollendet werden. Schon jetzt geben viele große Firmen, wie zum Beispiel der Technologieriese Apple an, viel in die Entwicklung umweltfreundlicher Technologien zu investieren und ihre Produkte so umweltfreundlich wir möglich zu gestalten.


Apple: Laut dem Greenpeace-„Guide to Greener Electronics 2017“, ein Bericht über die Umweltverträglichkeit der Geräte der 17 führenden Elektronik-Unternehmen, belegt Apple, eine deutliche Verbesserung zu dem vorrangehenden Bericht, den zweiten Platz hinter dem Fairphone. Diese vermeintlich gute  Platzierung darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass Apple insgesamt nur die Bewertung B- erreichen konnte und noch in vielen Bereichen Nachholbedarf hat. Kritisch zu betrachten sind zudem Blockaden Apples, die sich gegen eine Verschärfung der gesetzlichen Nachhaltigkeitsstandards von Technologien richten. Es entsteht hier also ein mindestens zweiseitiges Bild des Unternehmens, besonders auch dann, wenn man weitere firmenpolitische Bereiche mit in das Bild einbezieht.

Betrachtet man die Entwicklung Apples innerhalb der „Guide to Greener Electronics“-Berichte kann der Eindruck entstehen, dass diese Vision in Teilen bereits umgesetzt wird. Zudem existieren bereits Nachhaltigkeits-Netzwerke wie die Klimaschutz-Unternehmen oder den B.A.U.M. e.V.


Rademachers Lösungsvision der Klimakrise baut also auf nicht ganz unbekannte Praktiken. Die vorhandenen Ansätze müssen dennoch deutlich ausgebaut werden und dürfen nicht nur dem Firmenimage dienen, wenn das eigentliche Ziel erreicht werden soll: Die Erderwärmung drastisch zu beschränken!

Mareike Gross